Das neue Zuwanderungsgesetz und seine Auswirkungen für ausländische Studierende

04.05.2005: von Johannes Glembek, Geschäftsführer des Bundesverbandes ausländischer Studierender (BAS), AusländerInnenrechtsberater beim AStA der Universität Trier und studentisches Mitglied im DAAD-Vorstand

Viel Werbung wird gemacht, um ausländische Studierende von einem Studium in der Bundesrepublik Deutschland zu überzeugen. Sind die Hauptziele der meisten Studierenden die USA, Frankreich oder Großbritannien, versucht die Bundesrepublik Deutschland seit einigen Jahren aufzuholen. Der DAAD startet teure Werbekampagnen und Hochschulen versuchen sich besser zu „verkaufen.“ Internationalisierung heißt das Schlagwort. Doch angeworben werden sollen natürlich nur die „Guten.“ Damit gemeint sind Studierende, die ihr Studium selbst finanzieren können, die hochqualifiziert sind und die nach dem Studium entweder wieder in ihre Heimat gehen oder als IT-SpezialistInnen in Deutschland arbeiten.

Doch die hier lebenden ausländischen Studierenden sind mit einer anderen Wirklichkeit konfrontiert. Sie dürfen nur 90 Tage im Jahr arbeiten, haben nicht selten und aus den unterschiedlichsten Gründen finanzielle Probleme, bekommen in ihrer Heimat erbrachte Studienleistungen meist nur teilweise anerkannt und stehen unter einem starken zeitlichen Druck. So müssen sie innerhalb von zwei Jahren alle studienvorbereitenden Angelegenheiten abgeschlossen haben, wie Sprachkurse, eventuelle Praktika oder den Besuch eines Studienkollegs.

Mit der Verabschiedung des neuen Zuwanderungsgesetzes hätte hier eine Verbesserung erwartet werden können. Denn wenn eine Internationalisierung der Hochschulen Ziel der Politik ist, sollte sich das auch in der Gesetzgebung niederschlagen. Doch was im politischen Diskurs um die Zuwanderung bereits seit Beginn im Vordergrund stand, wird mit dem neuen Zuwanderungsgesetz jetzt festgeschrieben: die Situation qualifizierter Arbeitskräfte soll verbessert und der angebliche „Zuzug in die Sozialsysteme“ verhindert werden. Konkret bedeutet das geringe humanitäre Verpflichtungen und Verschärfung der Situation der Flüchtlinge sowie „Zwangsintegrationsmaßnahmen“ auf der einen Seite und Verbesserung der Zuwanderungsmöglichkeiten für „Hochqualifizierte“ andererseits.

Damit wird die Verschärfung der Flüchtlingspolitik, die mit dem so genannten Asylkompromiss und der Einschränkung des Asylrechts den letzten gesetzgeberischen Höhepunkt hatte, fortgeschrieben. Der in der Politik stattfindende Paradigmenwechsel, nämlich die Einsicht in die Tatsache, dass die Bundesrepublik Deutschland ein Einwanderungsland ist, wurde nicht vollzogen. Das Ausbleiben einer tatsächlichen und wirkungsvollen Einwanderungspolitik und einer spürbaren Verbesserung der rechtlichen Situation von MigrantInnen erfordert somit weiterhin eine kritische Auseinandersetzung mit dem Zuwanderungsgesetz.

Verbesserungen für ausländische Studierende

Große Änderungen ergeben sich mit dem neuen Zuwanderungsgesetz für ausländische Studierende nicht. Allerdings finden sich in den §§ 16,17 einige Verbesserungen für ausländische Studierende, die ihnen im Rahmen der Regelungen des § 28 Ausländergesetz (AuslG) bisher nicht zustanden. So ist zum Beispiel im § 19 das Niederlassungsrecht nach dem Studium (Niederlassungserlaubnis für Hochqualifizierte) geregelt. Diese sind aber vor allem auch als Verbesserungen im Arbeitserlaubnisrecht wieder zu finden.

Ausländische Studierende erhalten in Zukunft statt einer Aufenthaltsbewilligung (§28 AuslG) auch eine Aufenthaltserlaubnis. Diese ist, wie bisher auch, auf jeweils zwei Jahre beschränkt, wenn das Aufenthaltsziel noch nicht erreicht ist. Eine Änderung gibt es bei den Regelungen für die Studierenden in der Studienvorbereitungsphase. Konnten sie bisher in der Regel kein zweijähriges Visum bekommen, ist dies jetzt anders. Damit könnte, wenn die Regelung durchgesetzt wird, der bisher fast überall üblich halbjährliche oder jährliche Gang zur Ausländerbehörde entfallen. Für viele ausländische Studierende ist dieser Gang zur Ausländerbehörde mit Angst verbunden. Sie müssen eine ausreichende Finanzierung nachweisen und ihren bisherigen Studienverlauf offen legen. Auch die bisherige Regelung, die Geltungsdauer beim ersten Mal auf ein Jahr zu befristen, fällt damit weg. Keine Änderungen gibt es allerdings hinsichtlich der Ausnahme von ausländischen Studierenden in der Studienvorbereitungsphase aus dem Anspruch auf ein Studienvisum. Auch die Studienbewerbervisa bleiben erhalten und, wie bisher, auf höchstens neun Monate begrenzt.

Das im Ausländerrecht geregelte Arbeitserlaubnisrecht ändert sich in zwei Punkten, der Verbesserung der sog. „90-Tage-Regelung“ und der Vorrangigkeitsregelung. Hier wurde Forderungen von bildungspolitischen Organisation und Hochschuleinrichtungen, sowie von Studierendenvertretungen teilweise entgegengekommen.

Die sog. „90 – Tage – Regelung“, nach der ausländische Studierende im Fachstudium 90 Tage im Jahr arbeitserlaubnisfrei arbeiten dürfen bleibt leider erhalten. Es besteht jedoch nach dem neuen Gesetz die Möglichkeit, die 90 Tage in 180 halbe Tage zu splitten. Das ist für alle ausländischen Studierenden eine Verbesserung, die auch während des Semesters arbeiten, da viele Jobs nur drei oder vier Stunden täglich dauern. Für diese wurde, unabhängig von der täglich geleisteten Stundenzahl, immer ein ganzer Tag von den 90 Tagen abgerechnet. Über die „180-halbe-Tage-Regelung“ im neuen Zuwanderungsgesetz ergibt sich hier also zumindest eine teilweise Verbesserung. Noch wichtiger ist jedoch die Tatsache, dass studentische Nebentätigkeiten zeitlich unbefristet gestattet sind und die Vorrangigkeitsregelung dabei wegfällt. Denn nach dieser Regelung haben Deutsche, EU-BürgerInnen und privilegierten MigrantInnen einen Vorrang bei der Besetzung von Arbeitsplätzen und das macht es derzeit für ausländische Studierende teilweise unmöglich einen Job zu bekommen. Insgesamt wird sich die Vorrangigkeitsprüfung vereinfachen und regionalisieren.

Im Sinne der Förderung des Zuzugs „qualifizierter“ ArbeitnehmerInnen können ausländische Studierende nach § 16 IV des Zuwanderungsgesetzes nach ihrem Studium eine Aufenthaltserlaubnis zur Arbeitssuche erhalten. Das komplizierte Verfahren eine ausländerrechtliche Arbeitserlaubnis bei der Ausländerbehörde und eine arbeitserlaubnisrechtliche Arbeitserlaubnis bei der Arbeitsverwaltung zu beantragen, fällt so weg. Die Arbeitsgenehmigung wird mit der Aufenthaltserlaubnis erteilt. Auf diese Weise müssen nicht mehr die Betroffenen zwischen Arbeitsamt und Ausländerbehörde hin und her laufen, sondern die beiden Behörden stimmen sich intern ab. Das Verfahren zum Erwerb einer Arbeitserlaubnis wird also erleichtert, die Erteilung basiert aber lediglich auf einer kann-Regelung.

Eine Verschlechterung im Zuwanderungsgesetz gibt es bei der Möglichkeit des Familiennachzugs für Studierende. Es gibt keine Regelungen mehr für einen Familiennachzug, der speziell auf die Interessen der ausländischen Studierenden ausgelegt ist. Denn da das neue Recht auf Integration ausgelegt ist, wird nicht berücksichtigt, dass der Aufenthalt von Familienangehörigen ausländischer Studierender in der Regel nicht auf einen dauerhaften Aufenthalt ausgelegt ist.

Konsequenzen und weitere Arbeit

Ein modernes Migrationsrecht und eine notwendige rechtliche Gleichstellung von MigrantInnen wurde mit dem Zuwanderungsgesetz nicht geschaffen. Vielleicht wurde tatsächlich nur das erreicht, was „unter den derzeitigen politischen Bedingungen“ möglich ist. Dies ist jedoch nicht ausreichend. Die ausländischen Studierenden profitieren teilweise von den Änderungen. Für andere Gruppen von MigrantInnen wird die Situation verschärft. Hier muss zukünftig auch weiterhin für eine Gleichheit der rechtlichen Regelungen auf bestmöglichem Niveau gekämpft werden. Gleiche Rechte für alle in Deutschland lebenden Menschen und eine Zuwanderung nicht nur für „wirtschaftlich nützliche“ MigrantInnen sind notwendig. Bei den ausländischen Studierenden muss eine faktische „Mehrklassengesellschaft“ bekämpft werden.

Ist die Mobilität in Europa weitgehend unproblematisch, wobei die noch bestehenden Restriktionen bei den Mittel- und Osteuropäischen Staaten auf Dauer wegfallen werden, sieht dies bei Studierenden, vor allem aus den Trikont-Staaten, anders aus. Studierende aus der EU, aber auch aus den USA, Kanada und den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) Staaten können faktisch unbeschränkt mobil sein. Studierende aus den Ländern des TriKont sehen sich dagegen vielseitigen Mobilitätshürden ausgesetzt. Einerseits gibt es keinen Anspruch auf ein Studienvisum und andererseits setzt sich zunehmend die Politik der Auswahl, der „guten“ AusländerInnen durch. Anstelle die Förderung von Mobilität und AusländerInnenstudium als ein Mittel im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit und zur Verwirklichung des Menschenrechts auf Bildung zu verstehen, sollen dabei vorrangig die ökonomischen Interessen der BRD geschützt und sogar gefördert werden.

Schließlich müssen sich diese Gesetzesänderungen aber auch in den Verwaltungsvorschriften wieder finden. Die Durchsetzung von Verbesserungen bei der Entwicklung der Verwaltungsvorschriften wird schwer sein. Ein zentrales Problem besteht aber letztlich und vor allem darin, dass auch die Ausländerbehörden ihre Praxis tatsächlich ändern müssen.