Dieses Jahr mussten viele „ausländisch gelesene“ Menschen gegen eine weltweite Pandemie und „den normalen“ alltäglichen Rassismus kämpfen. Es zerreißt uns das Herz, dass es in diesen harten Zeiten, die so viel Solidarität und Zusammenhalt erfordern, immer noch Menschen gibt, die mit Hass reagieren. Rassistische Verhaltensweisen gehören leider auch während der Pandemie zum Alltag: im Bus, in den Geschäften, überall! Auch an den Universitäten!
Und wir, die BIPoCs, verinnerlichen und bagatellisieren täglich die Rassismuserfahrung, um den Anschein eines friedlichen Zusammenlebens aufrechtzuerhalten. Absurde Abhängigkeitsverhältnisse und sozialer Druck zwingen uns, unsere Gefühle gegenüber rassistischem Verhalten auch unter „Freunden“ zum Schweigen zu bringen. Es ist zu spät, und wir sind chronisch überfordert, wenn wir erkennen, dass wir täglich Rassismus erleben. Es macht uns wirklich wütend und hilflos, dass unser Umfeld der Situation oft gleichgültig gegenübersteht.
Und dann wird gefragt: „Wie konnte Halle passieren? Wie konnte Hanau passieren?“
Tja, Gleichgültigkeit hat uns dorthin geführt. Deshalb ist es unser aller Aufgabe, den Rassismus anzuprangern.
Rassistische Verhaltensweisen werden oft relativiert, indem man sagt, dass eine rassistische Denkweise aus der Angst vor dem Unbekannten resultiert. Dafür haben wir nicht mehr das geringste Verständnis, denn wir dürfen keine Rechtfertigungen für Rassismus dulden! Und wir werden den Rassismus furchtlos, energisch und lautstark bekämpfen!
Jedes Mal, wenn wir schweigen, werden wir Teil des Problems.
Also demaskieren wir Rassismus und lassen nicht zu, dass Rassist*innen unsere Gesellschaften übernehmen.
Während Rassismus im Alltag oft auf subtile Weise auftritt, erleben wir in der gegenwärtigen Coronakrise einen unverblümten Hass auf „asiatisch aussehende“ Menschen. Die kulturelle und ethnische Vielfalt eines riesigen Kontinents wird aufgrund eines gleichgültigen und verzerrten Missverständnisses von „Kultur“ unterdrückt oder sogar völlig ignoriert. Rassistische Straftaten äußern sich darin, dass man uns „Corona“ nennt oder uns anspuckt, weil wir mit Krankheitserregern auf eine Stufe gestellt werden.
Das verletzt uns nicht nur zutiefst, sondern lässt uns auch die Beständigkeit einer humanen Gesellschaft in Frage stellen.
Wir hoffen, dass diese harten Zeiten jedem die Chance geben, darüber nachzudenken, wie wir miteinander verbunden sind und wie sehr wir voneinander abhängig sind. Nach der Pandemie wollen wir nicht mehr die ungleiche Welt, die wir früher hatten. Unsere übergreifende Forderung ist eine strukturelle Veränderung der Institutionen, um zu überdenken, wie wir miteinander verbunden sind, und um uns bewusst zu machen, dass wir in diesen globalisierten Zeiten auch globale Solidarität brauchen. Als ausländische Studierende und Studierende mit Migrationshintergrund in Deutschland tragen wir die Forderung auch an unsere Hochschulen und Bildungsministerien.
Oftmals wird geglaubt, dass Hochschulen ein fruchtbarer Boden für Multikulturalität seien und dass sie sich durch kulturellen Austausch und Wissensweitergabe auszeichnen würden. Nichtsdestotrotz sind soziale Ungleichheit, Elitismus und rassistische Stereotype in der universitären Meritokratie ständig präsent. Leider wird Rassismus auch in den „Tempeln des Wissens“ reproduziert.
Die akademischen und sozialen Strukturen hängen nicht nur von täglichen Handlungsweisen ab, sie bilden vielmehr die Grundlage der Praxis und der Erfahrung. Mit anderen Worten: Rassismus ist nicht nur ein Phänomen außerhalb der Hochschulen, sondern wird auch innerhalb der Hochschulen rekonstruiert und institutionalisiert.
Wir, die Studierenden, fürchten uns vor einem Wiederaufleben von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und vielen anderen Formen der Diskriminierung. Aus diesem Grund finden wir in der Demokratie und im sozialen Engagement die einzige Möglichkeit, Intoleranz zu bekämpfen. Und wir sagen, es ist genug!
Unsere Forderungen
- Wir fordern, dass die Hochschulen sichere Räume sind, um offen über Rassismus zu sprechen.
- Wir plädieren für Hochschulen, die nicht als elitäre Filter des Staates dienen.
- Wir fordern die Anerkennung der Stärke der Vielfalt und der Bedeutung der Solidarität.
- Wir bitten um die Unterstützung unserer Hochschulen dabei, die Gesellschaft zum Nachdenken über Rassismus anzuregen.
- Wir wollen Hochschulen als Katalysatoren von sozialen Veränderungen, für Gleichheit und Demokratie. Nicht nur in Deutschland, sondern weltweit.
- Wir wollen Solidarität statt Angst!
- Wir fordern Bildungseinrichtungen, die uns aktiv helfen, in Deutschland wie auch weltweit, gegen ungleiche und rassistische Strukturen zu kämpfen!